Vortrag - Frankfurter Journalistentage 2012 (Chancen und Herausforderungen der viralen Dynamik digitaler Medien)
Frankfurt, 4. Mai 2012
Von Fouad Hamdan*
Wer haette das gedacht, meine verehrten Damen und Herren! Es passt doch zusammen: Araber und Demokratie. Ende 2010 musste ich mir noch anhoeren: „Was? Du willst, dass wir Geld spenden fuer Menschenrechte in der arabischen Welt? Vergiss es! Araber und Demokratie geht einfach nicht!” Ich leitete damals in Beirut eine Stiftung, die Aktivisten in der arabischen Region unterstuetzt.
Dann begann der arabische Fruehling im Dezember 2010 in Tunesien; das Volk vertrieb Diktator Zine El Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011 nach Saudi Arabien. Die Aegypter waren gekraenkt, weil sie nicht die Ersten waren und stuerzten ganz schnell ihren Diktator, Hosni Mubarak. Es folgten Intifadas die Libyens Moammar Gaddafi in die Hoelle und Yemens Ali Abdallah Saleh in die Rente befoerderten. In Syrien erhebten sich die Menschen gegen Baschar el Assad, der sich mit aller Gewalt an die Macht klammert, aber die Intifada wird auch ihn und sein Baath-Regime stuertzen. Das ist unausweichlich.
Diese erste Intifada-Welle fegte sekulaere Diktatoren weg. Parallelwellen erodieren langsam aber sicher die Fundamente der Repression in arabische Koenigreiche: In Marokko wurden nach Demos eine neue Verfassung verabschiedet, die das Kernproblem der absoluten Macht des Koenigs und die Korruption in seiner Entourage nicht geloest hat. In Jordanien und Kuwait sind Regierungen gefallen, und die Monarchen versprechen Reformen, die sie nicht verwirklichen wollen.
In Bahrain hat der Koenig saudische Truppen ins Land geholt, um Forderungen nach Gerechtigkeit zu unterdruecken; die Proteste gehen dennoch weiter. Und in Saudi Arabien kaempft die Familie al Saud um Macht und Privilegien, indem sie das sunnitisch-religioese Establishment der Wahabiten gegen die schiitische Minderheit und Dissidenten aller Couleur hetzt.
Arabische Diktatoren schlafen seit Dezember 2010 sehr schlecht. Es brodelt in Saudi Arabien, Bahrain, Algerien, Irak, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko. In Palaestina wird wieder gegen die israelische Besatzungspolitik demonstriert. Dort ist es nur eine Frage der Zeit, bis die dritte Intifada versucht den unertraeglichen Status Quo zu beenden. Der arabische Fruehling haelt an und wird noch lange bluehen, weil die Araber aufgewacht sind, keine Angst mehr haben und die Era der blinden Ideologien von Panarabismus ueber Sozialismus bis Islamismus vorbei ist. Endlich.
Geschichte wird nun gemacht von politisch unabhaengigen Jungendlichen sowie von hartgesottenen Linken und Islamisten aller Schattierungen. Dank an den tunesischen Obstverkaeufer Mohamed Bouazizi, der sich am 17. Dezember 2011 aus Verzweifelung wegen der wirtschaftlichen Lage und Behoerdenwillkuer selbst verbrannt hatte. Seitdem hat eine neue Era in den 22 Mitglieststaaten der arabischen Diktatoren-Liga begonnen – eine lange Umbruchphase in der Demokratien muehsam und teilweise sehr schmerzhaft entstehen werden. Araber von Marokko bis Irak und von Yemen bis Syrien wollen Menschenrechte, persoenliche Freiheiten und rechtstaatliche Strukturen. Und die werden sie bekommen.
Welche Rolle spielen dabei das Internet, soziale Medien und Buerger-Journalisten? Waere Gaddafi in Libyen immer noch in seinem Zelt, wenn es kein Facebook gaebe? Haette Assad in Syrien eine politische Ueberlebenschance ohne YouTube? Waere der arabische Fruehling ueberhaupt gestartet, wenn kein Buerger-Journalist das Bild vom brennenden Bouazizi photographiert und online verbreitet haette?
In Bahrain hat der Koenig saudische Truppen ins Land geholt, um Forderungen nach Gerechtigkeit zu unterdruecken; die Proteste gehen dennoch weiter. Und in Saudi Arabien kaempft die Familie al Saud um Macht und Privilegien, indem sie das sunnitisch-religioese Establishment der Wahabiten gegen die schiitische Minderheit und Dissidenten aller Couleur hetzt.
Arabische Diktatoren schlafen seit Dezember 2010 sehr schlecht. Es brodelt in Saudi Arabien, Bahrain, Algerien, Irak, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko. In Palaestina wird wieder gegen die israelische Besatzungspolitik demonstriert. Dort ist es nur eine Frage der Zeit, bis die dritte Intifada versucht den unertraeglichen Status Quo zu beenden. Der arabische Fruehling haelt an und wird noch lange bluehen, weil die Araber aufgewacht sind, keine Angst mehr haben und die Era der blinden Ideologien von Panarabismus ueber Sozialismus bis Islamismus vorbei ist. Endlich.
Geschichte wird nun gemacht von politisch unabhaengigen Jungendlichen sowie von hartgesottenen Linken und Islamisten aller Schattierungen. Dank an den tunesischen Obstverkaeufer Mohamed Bouazizi, der sich am 17. Dezember 2011 aus Verzweifelung wegen der wirtschaftlichen Lage und Behoerdenwillkuer selbst verbrannt hatte. Seitdem hat eine neue Era in den 22 Mitglieststaaten der arabischen Diktatoren-Liga begonnen – eine lange Umbruchphase in der Demokratien muehsam und teilweise sehr schmerzhaft entstehen werden. Araber von Marokko bis Irak und von Yemen bis Syrien wollen Menschenrechte, persoenliche Freiheiten und rechtstaatliche Strukturen. Und die werden sie bekommen.
Welche Rolle spielen dabei das Internet, soziale Medien und Buerger-Journalisten? Waere Gaddafi in Libyen immer noch in seinem Zelt, wenn es kein Facebook gaebe? Haette Assad in Syrien eine politische Ueberlebenschance ohne YouTube? Waere der arabische Fruehling ueberhaupt gestartet, wenn kein Buerger-Journalist das Bild vom brennenden Bouazizi photographiert und online verbreitet haette?
"Manche der Halluzinationspillen die die Jugend in der libyschen Revolution geschluckt haben". Dies ist eine Anspielung auf Libyens Diktator Gaddafi, der vor seinem Tod gesagt hat, die Jugend schluckt solche Pillen.
Dazu folgende 10 Gedanken:
1. Arabische Revolutionaere haben etwas gemeinsam: Smartphones sowie Facebook-, Twitter-, Youtube- und Skype-Accounts. Und diejenigen an den Fronten sind mit Kleinkameras bewaffnet – in den ausgebombten Gassen von Homs und Hama in Syrien oder immer wieder bei Demonstrationen gegen das Militaer in Kairo. Hinzu kommen Blogs die Unbekannte zu Helden gemacht haben. Proteste wurden dezentral organisiert, an den zensierten offiziellen Medien vorbei die der Regierung oder einer herrschenden Familie gehoeren. Ein digitaler Marktplatz entstand; jeder hatte eine laute Stimme. Es ist ein Befreiungsschlag nach Jahrzehnten der Unterdruekung.
2. Die Zahl der Internetnutzer hat sich in der arabischen Region seit dem Jahr 2000 mehr als verzwanzigfacht. Sie liegt bei 35,6 Prozent der Gesamtbevölkerung, so internetworldstats.com. Dies ist ein fruchtbarer Naehrboden vor allem fuer eine junge Generation die bereit ist zu kaempfen, um eine Zukunft zu haben.
3. Buerger-Journalisten haben die Berichterstattung aus den Krisengebieten revolutioniert. Sie fuettern die Facebook-Seiten sowie die Twitter- und YouTube-Accounts mit News, Photos und Filme. Sie ``teasen`` TV-Sender wie Aljazeera und BBC. Sie ergaenzen die Arbeit von professionellen Journalisten und ersetzen sie sogar in Regionen wo offizielle Medienverterter nicht frei arbeiten duerfen.
4. Unter einer totalen staatlichen Medienkontrolle sind soziale Netzwerke die einzige Moeglichkeit, unabhaengig von Zensur schnell Informationen zu verbreiten, Luegen zu entlarven und die Legitimitaet von Diktatoren systematisch zu untergraben.
5. Internet und soziale Medien haben einen Beschleunigungseffekt, der Diktatoren und ihre Sicherheitsapparate immer wieder kalt erwischt. Alles geht zu schnell nachdem die Mauer der Angst faellt; sie koennen die rasant wachsende Zahl von Aktivisten und die Flut an Informationen nicht mehr im Griff kriegen.
6. Nicht alle Demonstranten haben Laptop und Handy, aber immer mehr. Nach wie vor erreichen traditionelle Medien wie TV, Radio und Zeitungen die Massen. Als Mubarak das Internet abschaltete wurden ueberall im oeffentlichen Raum Leinwaende aufgebaut und Aljazeera gezeigt, der wiederum Filme von Buergerjournalisten ausstrahlte die ueber Satellit online verbreitet wurden.
7. Menschen machen Intifadas und nicht Technologien. Mubarak, Gaddafi und Ben Ali haben das Internet abgeschaltet, aber das hat sie nicht gerettet. Im Gegenteil. Viele die zuvor nur vor dem Bildschirm opponierten gingen dann auf die Strasse oder an der Front. In Syrien informieren sich die Menschen in den Rebellen-Hochburgen, wo Mobilfunknetz und Internet abgeschaltet sind, via Kurriere und Mundpropaganda. In Moscheen und Geheimwohnungen wird diskutiert und geplant. Waehrendessen verbreiten Buerger-Journalisten an Bashar el Assad vorbei Nachrichten und Bilder weltweit via Satellit.
8. Der Naehrboden der Intifadas war der Bildungsgrad von breiten Bevoelkerungsschichten. Ja sogar die Armen und Analphabeten aus den Kairoer Slums – Handy mit Kamera in der Hand – haben nach Wuerde, Ende der Korruption und einer unabhaengigen Justiz gerufen. Alle hatten jahrelang im TV ueber Satellitensender gesehen wie Demokratien in Europa, den USA und anderswo funktionnieren. So etwas muesse auch endlich in der arabischen Region moeglich sein. Denn Araber und Demokratien sind kein Wiederspruch. Genauso wie Taiwanesen und Demokratie, oder Suedafrikaner und Demokratie.
9. Einige professionelle Journalisten sehen Buerger-Journalisten als gefaehrliche Konkurrenz und schmaehen sie als unprofessionell und unserioes. Die Profis sollten lieber diese Quellen an den Fronten beraten und helfen, professioneller zu werden. Ausserdem muessen sich Redaktionen verstaerkt damit beschaeftigen, die Verlässlichkeit der etwa ueber Twitter und YouTube verbreiteten Nachrichten zu verifizieren. Fakt ist: An Buergerjournalisten als Quellen kommen keine Nachrichtenredaktion mehr vorbei.
10. Wunderschoen ist die Tatsache, dass der arabische Fruehling Jungendliche weltweit inspiriert hat, sich gegen Misstaende zu mobilisieren wie z.B. die Occupy-Bewegung und die „Empoerten“ in Spanien.
1. Arabische Revolutionaere haben etwas gemeinsam: Smartphones sowie Facebook-, Twitter-, Youtube- und Skype-Accounts. Und diejenigen an den Fronten sind mit Kleinkameras bewaffnet – in den ausgebombten Gassen von Homs und Hama in Syrien oder immer wieder bei Demonstrationen gegen das Militaer in Kairo. Hinzu kommen Blogs die Unbekannte zu Helden gemacht haben. Proteste wurden dezentral organisiert, an den zensierten offiziellen Medien vorbei die der Regierung oder einer herrschenden Familie gehoeren. Ein digitaler Marktplatz entstand; jeder hatte eine laute Stimme. Es ist ein Befreiungsschlag nach Jahrzehnten der Unterdruekung.
2. Die Zahl der Internetnutzer hat sich in der arabischen Region seit dem Jahr 2000 mehr als verzwanzigfacht. Sie liegt bei 35,6 Prozent der Gesamtbevölkerung, so internetworldstats.com. Dies ist ein fruchtbarer Naehrboden vor allem fuer eine junge Generation die bereit ist zu kaempfen, um eine Zukunft zu haben.
3. Buerger-Journalisten haben die Berichterstattung aus den Krisengebieten revolutioniert. Sie fuettern die Facebook-Seiten sowie die Twitter- und YouTube-Accounts mit News, Photos und Filme. Sie ``teasen`` TV-Sender wie Aljazeera und BBC. Sie ergaenzen die Arbeit von professionellen Journalisten und ersetzen sie sogar in Regionen wo offizielle Medienverterter nicht frei arbeiten duerfen.
4. Unter einer totalen staatlichen Medienkontrolle sind soziale Netzwerke die einzige Moeglichkeit, unabhaengig von Zensur schnell Informationen zu verbreiten, Luegen zu entlarven und die Legitimitaet von Diktatoren systematisch zu untergraben.
5. Internet und soziale Medien haben einen Beschleunigungseffekt, der Diktatoren und ihre Sicherheitsapparate immer wieder kalt erwischt. Alles geht zu schnell nachdem die Mauer der Angst faellt; sie koennen die rasant wachsende Zahl von Aktivisten und die Flut an Informationen nicht mehr im Griff kriegen.
6. Nicht alle Demonstranten haben Laptop und Handy, aber immer mehr. Nach wie vor erreichen traditionelle Medien wie TV, Radio und Zeitungen die Massen. Als Mubarak das Internet abschaltete wurden ueberall im oeffentlichen Raum Leinwaende aufgebaut und Aljazeera gezeigt, der wiederum Filme von Buergerjournalisten ausstrahlte die ueber Satellit online verbreitet wurden.
7. Menschen machen Intifadas und nicht Technologien. Mubarak, Gaddafi und Ben Ali haben das Internet abgeschaltet, aber das hat sie nicht gerettet. Im Gegenteil. Viele die zuvor nur vor dem Bildschirm opponierten gingen dann auf die Strasse oder an der Front. In Syrien informieren sich die Menschen in den Rebellen-Hochburgen, wo Mobilfunknetz und Internet abgeschaltet sind, via Kurriere und Mundpropaganda. In Moscheen und Geheimwohnungen wird diskutiert und geplant. Waehrendessen verbreiten Buerger-Journalisten an Bashar el Assad vorbei Nachrichten und Bilder weltweit via Satellit.
8. Der Naehrboden der Intifadas war der Bildungsgrad von breiten Bevoelkerungsschichten. Ja sogar die Armen und Analphabeten aus den Kairoer Slums – Handy mit Kamera in der Hand – haben nach Wuerde, Ende der Korruption und einer unabhaengigen Justiz gerufen. Alle hatten jahrelang im TV ueber Satellitensender gesehen wie Demokratien in Europa, den USA und anderswo funktionnieren. So etwas muesse auch endlich in der arabischen Region moeglich sein. Denn Araber und Demokratien sind kein Wiederspruch. Genauso wie Taiwanesen und Demokratie, oder Suedafrikaner und Demokratie.
9. Einige professionelle Journalisten sehen Buerger-Journalisten als gefaehrliche Konkurrenz und schmaehen sie als unprofessionell und unserioes. Die Profis sollten lieber diese Quellen an den Fronten beraten und helfen, professioneller zu werden. Ausserdem muessen sich Redaktionen verstaerkt damit beschaeftigen, die Verlässlichkeit der etwa ueber Twitter und YouTube verbreiteten Nachrichten zu verifizieren. Fakt ist: An Buergerjournalisten als Quellen kommen keine Nachrichtenredaktion mehr vorbei.
10. Wunderschoen ist die Tatsache, dass der arabische Fruehling Jungendliche weltweit inspiriert hat, sich gegen Misstaende zu mobilisieren wie z.B. die Occupy-Bewegung und die „Empoerten“ in Spanien.
"Erhebe dein Haupt. Du bist frei." Graffiti in Tripoli, Libyen, Dezember 2011
Heute ist die arabische Region grob in vier Zonen aufgeteilt: Post-Revolutionaere Staaten wo der Demokratisierungsprozess begonnen hat (Tunesien, Aegypten, Libyen und Yemen), Staaten im revolutionaeren Umbruch (Syrien und Bahrain), Staaten wo es gefaehrlich brodelt (Jordanien, Morokko, Saudi Arabien, Kuwait, Palaestina/Israel, Irak, Sudan) und Staaten in Angststarre (Libanon, Algerien, Vereinigte Arabische Emirate). Katar ist noch immun gegen die Demokratie-Welle; der Emir foerdet Intifadas und Demokratisierungs-Prozesse mit Hilfe von Aljazeera und eine mit Dollars gestuetzten Aussenpolitik.
Nicht nur Revolutionaere sind technikaffin: Baschar El Assad und andere arabische Diktatoren benutzen klassische und soziale Medien um ihre Anhaenger zu mobilisieren, Gegner zu terrorisieren und die Weltoeffentlichkeit in die Irre zu fuehren. Die Qualitaet dieser Propaganda ist eher ein Spiegelbild vom abgewirtschafteten arabischen Regime.
Ein Beispiel sind Pro-Assad Websites wie praesidentassad.net und Facebook-Seiten, die ein Produkt seiner Geheimdienste sind. Parallel dazu verbreitet der syrische Staatssender Addounia TV Real-Satire und Luegen via Satellit und Online. Da werden Rebellen als „Terroristen“ und als von Katar und Saudi Arabien finanzierte islamische „Salafisten“ beschimpft.
Globale arabische Oeffentlichkeit
Eine historische Entwicklung hat der arabische Fruehling herbeigefuehrt: Die Schaffung einer globalen arabischen Oeffentlichkeit. 1990-1991 haben sich Araber noch auf CNN verlassen, um sich ueber den Krieg um Kuwait zu informieren. Dann kamen Lebanese Broadcasting Company International (LBCI) und Future TV aus Libanon, Aljazeera TV aus Katar und die saudiarabische Al-Arabiya TV aus Dubai. Die westliche Reaktion liess nicht auf sich warten: Es folgten BBC TV arabischer Dienst, France 24 TV auf Arabisch und der US-Sender Alhurra TV aus Washington, die von der arabischen liberalen Elite mehr oder weniger gesehen werden. Aus Moskau kam Russia Today TV auf Arabisch, die an den meisten Arabern vorbei informiert und kaum jemandem ausser el Assads Unterstuetzern Glauben schenkt.
Der Kampf um die globale arabische Oeffentlichkeit geht weiter: Der saudische Prinz Walid bin Talal baut den TV-Sender Al-Arab in Bahrain auf, Abu Dhabi Media Investment die von einem Mitglied der Koenigsfamilie kontrolliert wird, bereitet den Start vom Sky News Arabia vor. Von Diktatoren gelenkte Medien haben aber keine Zukunft. Heute verlassen sich die Menschen in der arabischen Region auf einen Mix aus lokalen Zeitungen, Radio, Aljazeera, sozialen Medien und Buerger-Journalisten. Araber sprechen mit Arabern, auch in der Diaspora. Das ist eine Novum.
Der arabische Fruehling geht weiter
In den postrevolutionaeren Staaten Tunesien, Aegypten, Libyen und Yemen sind mediale Fesseln gefallen und neue freie Medien enstanden. Zusammen mit Buerger-Journalisten wird der schwierige Uebergangsprozess begleitet, was diese neue Oeffentlichkeit staerkt. In Libyen sind Zeitung wie Quryna al-Jadida und Februar ein Lichtblick nach 42 jahre Gaddafi-Herrschaft. Die Reporter nehmen kein Blatt mehr vor den Mund und werden immer professioneller. In Kairo hat die neue Zeitung Al-Masry Al-Youm die ehrwuerdige al-Ahram in den Schatten gestellt. Hunderte von Websites wie politik.tn in Tunesien informieren aktuell und frei.
Der arabische Fruehling geht weiter – auf der Strasse mit Buerger-Journalisten, in neuen Zeitungen und TV-Sender und sogar in manchen staatlichen Medien. In Tunesien ist ein Kampf um die Unabhaengigkeit des staatlichen TV-Senders al Watania entbrannt. Neue unabhaengige Medienhaeuser und Aktivisten kaempfen gemeinsam gegen die Verurteilung von Journalisten, die ein Halbnacktfoto auf einem Titelblatt druckten. In Kairo haben sich Ende April Tausende via Twitter organisiert, um vor der saudiarabischen Botschaft gegen die Festnahme des aegyptischen Menschenrechtsaktivisten Ahmed Mohammed al-Gizawi in Saudi Arabien zu protestieren. Der saudiarabische Botschafter hat Aegypten fuer eine Weile verlassen und die Botschaft geschlossen.
Nicht nur Revolutionaere sind technikaffin: Baschar El Assad und andere arabische Diktatoren benutzen klassische und soziale Medien um ihre Anhaenger zu mobilisieren, Gegner zu terrorisieren und die Weltoeffentlichkeit in die Irre zu fuehren. Die Qualitaet dieser Propaganda ist eher ein Spiegelbild vom abgewirtschafteten arabischen Regime.
Ein Beispiel sind Pro-Assad Websites wie praesidentassad.net und Facebook-Seiten, die ein Produkt seiner Geheimdienste sind. Parallel dazu verbreitet der syrische Staatssender Addounia TV Real-Satire und Luegen via Satellit und Online. Da werden Rebellen als „Terroristen“ und als von Katar und Saudi Arabien finanzierte islamische „Salafisten“ beschimpft.
Globale arabische Oeffentlichkeit
Eine historische Entwicklung hat der arabische Fruehling herbeigefuehrt: Die Schaffung einer globalen arabischen Oeffentlichkeit. 1990-1991 haben sich Araber noch auf CNN verlassen, um sich ueber den Krieg um Kuwait zu informieren. Dann kamen Lebanese Broadcasting Company International (LBCI) und Future TV aus Libanon, Aljazeera TV aus Katar und die saudiarabische Al-Arabiya TV aus Dubai. Die westliche Reaktion liess nicht auf sich warten: Es folgten BBC TV arabischer Dienst, France 24 TV auf Arabisch und der US-Sender Alhurra TV aus Washington, die von der arabischen liberalen Elite mehr oder weniger gesehen werden. Aus Moskau kam Russia Today TV auf Arabisch, die an den meisten Arabern vorbei informiert und kaum jemandem ausser el Assads Unterstuetzern Glauben schenkt.
Der Kampf um die globale arabische Oeffentlichkeit geht weiter: Der saudische Prinz Walid bin Talal baut den TV-Sender Al-Arab in Bahrain auf, Abu Dhabi Media Investment die von einem Mitglied der Koenigsfamilie kontrolliert wird, bereitet den Start vom Sky News Arabia vor. Von Diktatoren gelenkte Medien haben aber keine Zukunft. Heute verlassen sich die Menschen in der arabischen Region auf einen Mix aus lokalen Zeitungen, Radio, Aljazeera, sozialen Medien und Buerger-Journalisten. Araber sprechen mit Arabern, auch in der Diaspora. Das ist eine Novum.
Der arabische Fruehling geht weiter
In den postrevolutionaeren Staaten Tunesien, Aegypten, Libyen und Yemen sind mediale Fesseln gefallen und neue freie Medien enstanden. Zusammen mit Buerger-Journalisten wird der schwierige Uebergangsprozess begleitet, was diese neue Oeffentlichkeit staerkt. In Libyen sind Zeitung wie Quryna al-Jadida und Februar ein Lichtblick nach 42 jahre Gaddafi-Herrschaft. Die Reporter nehmen kein Blatt mehr vor den Mund und werden immer professioneller. In Kairo hat die neue Zeitung Al-Masry Al-Youm die ehrwuerdige al-Ahram in den Schatten gestellt. Hunderte von Websites wie politik.tn in Tunesien informieren aktuell und frei.
Der arabische Fruehling geht weiter – auf der Strasse mit Buerger-Journalisten, in neuen Zeitungen und TV-Sender und sogar in manchen staatlichen Medien. In Tunesien ist ein Kampf um die Unabhaengigkeit des staatlichen TV-Senders al Watania entbrannt. Neue unabhaengige Medienhaeuser und Aktivisten kaempfen gemeinsam gegen die Verurteilung von Journalisten, die ein Halbnacktfoto auf einem Titelblatt druckten. In Kairo haben sich Ende April Tausende via Twitter organisiert, um vor der saudiarabischen Botschaft gegen die Festnahme des aegyptischen Menschenrechtsaktivisten Ahmed Mohammed al-Gizawi in Saudi Arabien zu protestieren. Der saudiarabische Botschafter hat Aegypten fuer eine Weile verlassen und die Botschaft geschlossen.
Im Libanon, auch im April, haben Militaers zwei Aktivisten festgenommen, die Graffiti gegen das syrische Regime an Waende spruehten. Stunden spaeter wurden sie frei gelassen, weil immer mehr Menschen vor dem Gefaengnis demonstrierten – alle mobilisiert via Facebook und Twitter. Klassische Medien haben sofort darueber berichtet und indirekt bei der Mobilisation mitgeholfen.
Heute lassen sich die Menschen nichts mehr gefallen lassen. Die Verhaftung heute von nur einer Person kann zur Demonstrationen und sogar zu Krisen zwischen Staaten fuehren. Der Freiheits-Djinn ist fuer immer aus der Flasche. Der arabische Fruehling blueht, bis Freiheit und Demokratie in allen arabischen Laendern fest verankert sind.
* Der Deutsch-Libanese Fouad Hamdan war Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur in Kairo und am Golf. Er gründete Greenpeace Libanon und war Kommunikationschef von Greenpeace Deutschland. Er leitete die Arabische Menschenrechtsstiftung in Beirut. Seit Januar 2011 arbeitet er an Projekten für den Aufbau der Demokratien in Tunesien, Libyen, Syrien und Ägypten.
Heute lassen sich die Menschen nichts mehr gefallen lassen. Die Verhaftung heute von nur einer Person kann zur Demonstrationen und sogar zu Krisen zwischen Staaten fuehren. Der Freiheits-Djinn ist fuer immer aus der Flasche. Der arabische Fruehling blueht, bis Freiheit und Demokratie in allen arabischen Laendern fest verankert sind.
* Der Deutsch-Libanese Fouad Hamdan war Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur in Kairo und am Golf. Er gründete Greenpeace Libanon und war Kommunikationschef von Greenpeace Deutschland. Er leitete die Arabische Menschenrechtsstiftung in Beirut. Seit Januar 2011 arbeitet er an Projekten für den Aufbau der Demokratien in Tunesien, Libyen, Syrien und Ägypten.